Primavera Sound 2025 Porto
Location
Das Primavera Sound in Porto liegt im Parque da Cidade am Stadtrand von Porto direkt am Meer, was eine traumhafte Kulisse bietet. Hinter der Centerstage sieht man abends wunderschön die Sonne unter dem Meer untergehen - traumhaft. Der Park selbst ist gut gepflegt und liefert eine tolle Location, wenn gleich wirklich direkt neben der Hauptbühne Anwohner sind - die beschweren sich jedoch nicht, sondern kommen zu den Headlinern auf ihre Balkone und feiern mit. Porto als Stadt ist ein wunderschönes Reiseziel - an einem Hang des Douro gelegen liefert es - vor allem im Gegensatz zu Lissabon

- eine tolle Lebensqualität. Zusätzlich ist es aus der deutschen Perspektive wirklich großteils erschwinglich und günstig.
Gelände
Das Gelände besteht aus vier Bühnen, die in relativer Enge (vgl. Rock im Park) abwechselnd bespielt werden. Die drei kleineren Bühnen liegen an einem Hang, was sich vor allem in der Abendsonne als genial erweist (dazu später mehr!). Überall auf dem Gelände gibt es wunderschöne Lichtinstallationen und Aufbauten von Werbetreibenden, wie ein Alpaka-Rodeo.

Das Festival gibt sich wirklich aller größte Mühe, dass man sich dort wohl fühlt, denn es sind irrwitzige Aufbauten mit Ruhebereichen, Trinkwasserstationen oder Handyladestationen. Von deutschen, eher trostlosen Festivals kommend, war das wirklich toll zu sehen.
Organisation
Wir sind aus dem Stadtzentrum mit dem Bus angereist, was relativ problemlos funktioniert hat, da die Stadt für ausreichende Kapazitäten gesorgt hat und ehrlicherweise viele Touristen lieber auf Uber etc. zurückgreifen. Vor Ort verlief die Bändchenabholung und der Einlass etwas chaotisch, denn in typischer südländischer Manier nahm man viele Dinge wie Verkehrssicherheit einfach nicht ganz so genau. Auf dem Weg zum Check-In haben wir uns schon über die riesigen (!) Taschen der Einheimischen gewundert - auf dem Festivaleingang wird man nur (!) darauf kontrolliert, ob man metallische Gegenstände oder Glas dabei hat und dass man ein Bändchen hat. Es kamen also wirklich reihenweise Gruppen, die in der Sonne auf dem Hang erstmal ihre Picknick-Decke ausgepackt haben und ein üppiges Mahl zu sich genommen haben. Während der ersten Bands sahen also die hinteren Teile der Bühnen aus wie der englische Garten im Sommer.

Ansonsten lief das Festival so wunderbar entspannt, denn obwohl es wohl so ca. 35000 tägliche Besucher hat, gibt es bei keiner der Bühne einen Wellenbrecher und trotzdem drängelt niemand oder drückt niemand - in Deutschland absolut undenkbar. Die Bühnen sind jedoch leider etwas unterdimensioniert, insbesondere was die Bass-Leistung angeht. Hier erwarte ich von einem Festival deutlich mehr.
Essen und Getränke Angebot
Irrsinnig breit gefächert zu einem für Festival ordentlichen Preis. Neben ortslokalen Spezialitäten wie Pastel de Nata, Portwein oder Francesinha gibt es auch klassisches Festivalessen wie Pommes, Pizza,, Döner, etc. Als Biersponsor ist Super Bock überall präsent und versorgt das Publikum mit 0,50 l Bier für 6 €, die aber eigentlich 7 € sind, denn es gibt hier einfach keinen Pfand. Man muss den Becher kaufen und kann ihn anschließend wieder befüllen lassen - sollte er eklig werden, ist das persönliches Pech. Wir hatten mittags erst gegessen und hatten deswegen nur als Nachtsnack eine Share Box (a.k.a. ein Pfund

) Pommes Rot-Weiß für 8 € mit Parmesan und Röstzwiebeln - dazu kommen wir zwar definitiv in die italienische Hölle, aber sorry, war geil. Am Essensangebot merkt man auch, dass das Festival mindestens 50 % internationale Besucher hat - man hört wirklich genauso viele andere Sprachen wie Portugiesisch. Vor allem viele Spanier und Briten, denen das Primavera in Barcelona inzwischen zu groß wurde.
Bands
Wir hatten das Tagesticket für Samstag für 75 €, da alleine Turnstile für ihre Show in Wien bereits 71,40 € wollen. Wir haben folgende Bands teilweise/ganz gesehen:
Parcels
Die Briten und Portugiesen haben das wirklich krass gefühlt - eine australische Band mit sehr francophilem Sound, etwas in Richtung des letzten Daft Punk Albums. Wirklich super angenehm, um dazu in der Sonne am Hang zu liegen und zuzuhören, jedoch nichts, dass mich ausrasten lassen würde. Die Menge hat es aber gut gefeiert und durch die Hanglage hat das ganze wirklich intensiv gewirkt. Wäre es etwas wärmer gewesen oder der Wind etwas schwächer, wäre das wirklich noch schöner gewesen. So wurde weiter oben der Sound teilweise echt ordentlich verweht, da es nur direkt an der Bühne Boxen gibt - die Bühne ist dabei circa so groß wie eine halbe Alterna bei RiP.
Wet Leg
Die Sonne war jetzt direkt am Untergehen hinter der Hauptbühne und es wurde für Juni in Portugal gefühlt doch ordentlich kalt - hält Briten aber natürlich nicht davon ab nur im Bikini auf die Bühne zu kommen.

Hype-Band aus GB und ich bin mir sicher, dass das in GB ein ziemlicher Abriss gewesen wäre. Ich empfand es als in Ordnung, merkte jedoch auch, dass die Stimmung nicht so 100 % ausgelassen war. Beim Blick durch die Reihen fiel uns dann auch schnell auf, dass eine erschreckende Mehrheit, wenn sie Merch anhatten, Merch von Turnstile hatten - das erklärt vermutlich die etwas getrübte Stimmung. Dennoch ein wirklich solider Auftritt einer Musikrichtung, die für Rock im Park nicht existiert, nämlich Indie Rock von Frauen (ja, wirklich - das gibt es, Dreamhaus!)
Haim und Squid
Danach kam die große Massenbewegung von Wet Leg zu Haim - die seichten The Warning aus den USA, denn genauso wie die Foren-Prinzessinen sind die drei Schwestern und machen zusammen Musik. Es ergab sich wieder das Parcels-Problem, dass man am hinteren Ende der Bühne durch wirklich starke Verwehungen einen ziemlichen Soundbrei abbekommen hat, der nicht soo viel Spaß gemacht hat. Ich glaube aber, dass das unten wirklich gut war und mich freut es einfach, dass sie gebucht werden, weil sie können wirklich was! Wir sind dann einmal nebenan zu Squid, weil uns Post-Punk bezüglich der Beschreibung eigentlich zusagt, aber was soll ich sagen: das habe ich wirklich nicht lange ausgehalten. Für uns gab es deswegen eine kurze Pause mit einer Stärkung, denn wir haben den Entschluss gefasst, um Turnstile genießen zu können, vors Mischpult zu gehen.
Jamie XX
Headliner des Tages war Jamie XX - er hat wenigstens gezeigt, dass die Bühne an sich schon ordentlich liefern könnte, wenn man nur die geeigneten Regler dazu findet. Ihn selbst und seine Show brauche ich persönlich jedoch absolut nicht auf einem Festival - er ist ein DJ, der einfach vorne steht und ein Lied nach dem anderen abspielen lässt. Da tut es für mich dann auch eine CD oder ein Stream. Mit welcher brachialen Lautstärke aber die Bässe bis 01:00 Uhr direkt neben Wohngebäuden in den Nachthimmel gemeißelt wurden, war formvollendet.
Turnstile
Ich sage es ungern, weil ich sie wirklich gerne habe und kleinere Bühnen bevorzuge, aber ihr sucht einen zukünftigen Headliner? Hier habt ihr ihn - was bei diesem Konzert von Sekunde 1 an abging ist nicht in Worten zu fassen - um uns herum komplette Eskalation, eine bockstarke Band, die ihre super eingängigen und innovativen Riffs ohne Unterlass in die Menge feuert. Die Menge war dabei wirklich wild durchgemischt von alt bis mittelalt (inklusive jungem Nachwuchs) und jugendlich - alle waren einfach hellauf begeistert. Ich habe original nur zwei Kritikpunkte am Konzert - dass sie meinten, ein Line-Check würde genügen hat die ersten Minuten den Sound etwas breiig erscheinen lassen und, dass es bereits nach 70 Minuten zu Ende war und viele tolle Lieder vom neuen Album nicht gespielt wurden. Wer sie sehen kann - schaut sie euch an. Aktuell die beste Live-Band.
Fazit
Wir haben es nahezu durchgehend geliebt. Auch wenn die Bands an dem Tag uns nicht alle zugesagt haben, hat uns das Primavera (und auch das Maifeld Derby) gezeigt, was uns bei Rock im Park inzwischen fehlt. Ein Line-Up, dass genreübergreifend ist und nicht nur ein Klientel bedient, dass sich gerne anschreien lässt. Ein Publikum, dass aufeinander aufpasst und eine gute Zeit haben möchte, anstatt Malle-Publikum, dass einfach in der Menge hinpinkelt. Ein Veranstalter, der sich aktiv für die Geschlechtergerechtigkeit einsetzt und paritätisch bucht.
Ich war wirklich sehr lange Zeit sehr gerne bei RiP und ich bin jetzt auch schon sehr lange hier im Forum aktiv und zumeist auch sehr gerne. Merke jetzt aber doch mehr und mehr, wie es mich immer weiter weg zieht von Rock im Park - von meinem ersten RiP aus 2011 ist inzwischen wirklich nur noch wenig übrig. Ärgerlich, dass wir durch die Bindung an die Schulferien das Primavera so schnell nicht mehr mitnehmen werden können.